15 nov 2015

Die Bedeutung des Angriffes auf einen Konzertsaal in Paris

Submitted by Anonyme (non vérifié)

In dem Bekennerschreiben des Islamischen Staates nach den Anschlägen in Paris heißt es, eine „treue Gruppe Gläubiger der Armee des Kalifats“ habe die „Hauptstadt der Unzucht und Laster“ angegriffen. Es gab eine Version in arabisch und eine in französisch, aber nicht nur : es gab auch ein Lied, ein „Naschid“, und es war sogar auf französisch.

Es ist von grosser Bedeutung: wenn man nicht versteht, was es heisst, dass so ein Lied von den Islamisten promoviert wurde, kann man nicht begreifen, warum ein Konzertsaal attackiert wurde.

Ein „Naschid“ ist ein Lied, dass typisch für die mittelalterliche Ideologie ist. Es besteht in einer Stimme, die singt, ohne Komplexität. Wenn es anderen Stimmen gibt, dann tun sie nur die erste Stimme unterstützen. Es ist sehr simpel, ohne Komplexität, ohne Synthese ; es ist Vokalmusik, völlig einfach, ohne Instrumente : diese sind verboten.

Diese „monophonische“ Haltung kommt in der Geschichte bevor die Mehrstimmigkeit i.e. die Polyphonie. Dann, mit der Entwicklung der Bourgeoisie gegen den Feudalismus, kam immer mehr Komplexität, mit verschiedenen Tönen, verschiedenen Instrumente : Bach, Mozart und Beethoven spielen hier eine wichtige geschichtliche Rolle.

Wenn die Islamisten also Musik nur als „Naschid“ akzeptieren, hat es einen guten Grund: es geht, um Fortschritt zu negieren, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Es geht um das Bewusstsein zu reduzieren; es soll begrenzt, einfach, einseitig sein.

Es ist eine mittellaterliche Logik, auf Vereinfachung basiert, mit einer linearen Weltanschauung. Und genau wie die Darstellung im Islam von lebende Figuren verboten ist, ist Musik verboten : die synthetische Darstellung soll negiert sein.

Es ist auch hier interessant zu sehen, dass der Post-modernismus das selbe versucht, indem es Fortschritt negiert und Kultur negiert, im Name der Freiheit des Individuums. „4′33″ von John Cage, wo keine Musik gespielt wird, ist genauso regressiv und anti-kulturell, also anti-demokratisch.

Die Islamisten verteidigen ihre Ansicht, weil es viele Hadith – Aussprüche - von Mohammed über Musik gibt, wie zum Beispiel:

„Wer auch immer Unterhaltungsmusik hört, in dessen Ohr wird am Tag des Gerichts Blei geschmolzen.“

„Musik ist der Leiter der Unzucht.“

„Und derjenige, der sich am Tag des Gerichts für die Sünde des Singens verantworten muss, wird blind und taubstumm erweckt werden. Und für denjenigen, der sich für Ehebruch, das Blasen auf Holzblasinstrumenten und Trommeln verantworten muss, gilt das gleiche.“

„Naschid“ ist also die einzige (und einfache) Form von Musik, die von den Islamisten akkzeptiert sein kann; der Islamische Staat hat also auch „Naschid“ Lieder als Hymne, wie das Lied Dawlat al-Islam oder das Lied „Meine Gemeinschaft, die Morgendämmerung erscheint“.

Wenn also die Islamisten in Paris ein Konzertsaal angegriffen haben – ein Konzert der stoner-rock Gruppe „Eagles of death metal“ - war das genau gezielt : es ging, die Musik zu attackieren, die Komplexität der Realität zu negieren.

Es ist reine Romantik, mit einem Ziel: Vereinfachung.Es geht, die Welt zu vereinfachen, damit sie „ehrlich“ ist, damit sie einheitlich ist, ohne Widersprüche.

Wir können hier den deutschen Schriftsteller Novalis zitieren, der in „Die Christenheit oder Europa“ (1799) dieser Ansatz sehr gut formuliert:

„Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo Eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Welttheil bewohnte; Ein großes gemeinschaftliches Interesse verband die entlegensten Provinzen dieses weiten geistlichen Reichs (…). Mit welcher Heiterkeit verließ man die schönen Versammlungen in den geheimnißvollen Kirchen, die mit ermunternden Bildern geschmückt, mit süßen Düften erfüllt, und von heiliger erhebender Musik belebt waren.“

Die Terrorattacke gegen ein Konzertsaal waren deswegen ganz gezielt : es ging, das „Gleichgewicht“ wiederherzustellen, indem die „unrichtige“ - haram – Aktivität eliminiert ist. Es ist ein absoluter Formalismus, der die Komplexität negiert.

Das ist ein Ausdruck des Feudalismus, das noch weltweit existiert und die die Landwirtschaft herrscht, eng in Verbindung mit dem Bürokratischen Kapitalismus, beide aufgebaut von den imperialistischen Ländern.

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